Momentan ist es wieder einmal schlecht bestellt um positive Meldungen zum Thema Mann in der Voll50-Community. Und in immer mehr Frauen meines Alters wächst der Wunsch, es vielleicht doch einmal „ohne“ zu versuchen.
Die Sache ist ja die: Grundsätzlich ist jede und jeder nur dazu imstande, was er oder sie eben leisten kann. Und wir sind alle nicht perfekt, was bedeutet, dass frau im täglichen Miteinander immer auch ein gewisses Wohlwollen gegenüber dem Mangel an den Tag legen sollte. Ich sehe das ja positiv, weil ich immer mehr in der „Weniger-ist-mehr“-Gasse spazieren gehen. Aber es kommt natürlich immer darauf an, in welchem Bereich der Mangel groß ist und welche Bedeutung dieser Bereich für einen Menschen hat.
Kürzlich spreche ich mit einer Freundin über eine Männer-Wunsch-Liste, und in ihrer bescheidenen Art hätte sie nur zwei Dinge auf das Blatt Papier geschrieben. Jetzt kenne ich diese Freundin doch schon ein paar Tage und weiß: Mit zwei Dingen ist es bei ihr NIE getan. Und schon gar nicht, wenn es um Männer geht. Das bedeutet nicht, dass sie mit ihren Ansprüchen übers Ziel hinausschießt, sondern nur, dass sie gar nicht auf die Idee kommt, was alles bei einem Mann eben nicht stimmen kann für sie. Deshalb wollte ich sie dazu inspirieren, ganz genau zu notieren, was er im Idealfall mitbringen könnte. Und siehe da: Vieles von dem, was ich angesprochen habe, war für sie so selbstverständlich, dass sie gar nicht daran gedacht hat, diese Selbstverständlichkeiten auf ihren Zettel zu schreiben.
Eine andere Freundin hat diese Liste bereits Ende vergangenen Jahres bestückt. Und als wir bei unserem Advent-Treffen mit der Dritten im Bunde die Merkmale durchgingen, war auch da vieles mitgedacht, was einer expliziten Erwähnung bedarf. Auch wenn mein persönliches Verhältnis zum Universum ja über weite Strecken ziemlich durchwachsen war – eines habe ich gelernt: Sei präzise! Und denke an die geographische Verortung Deiner Wünsche, sonst setzt es Dir 9.000 Kilometer entfernt Deinen Traummann vor die Füße.
Was ich spät, aber glücklicherweise nicht zu spät gelernt habe: Männer funktionieren tatsächlich anders. Und das soll jetzt nicht herabsetzend klingen, „anders“ ist kein Synonym für „falsch“. Ich habe mich zum Beispiel lange dagegen gewehrt, dass Männer einfacher gestrickt sind als Frauen. Weil ich dachte, dass ich ihnen da etwas wegnehme, beispielsweise Intelligenz. Doch das Gegenteil ist der Fall. Indem ich voraussetze, dass meine Gedankengänge für einen Mann vielleicht zu komplex, ja sogar verschwurbelt sein können, versuche ich, mich klarer auszudrücken. Das dient meiner inneren Einnordung und seinem Verständnis meines Anliegens.
Das ist natürlich Arbeit, und zugegebenermaßen war es auch mir über weite Strecken zu anstrengend, meine Sprache so zu vereinfachen, dass ein Mann mich verstehen konnte. Wenn mein Vater mich gelegentlich fragte, ob ich in meinen Sätzen auch einen Punkt vorgesehen habe, war es leichter, mich darüber aufzuregen als in mich zu gehen und zu überlegen, was ich denn eigentlich sagen wollte. Und genau aus diesem Grund habe ich vor drei Jahren beschlossen, das Thema Mann zu den Akten zu legen – vollumfänglich. Ich hatte genug davon, meine Gedanken von diesem Themenkomplex beherrschen zu lassen. Ich wollte mir nicht mehr überlegen, was ich wie sage und wie das, was ich sage, beim Gegenüber ankommt, geschweige denn, welche Konsequenzen das für mich haben könnte oder was meine Worte an männlichen Verhaltensweisen nach sich ziehen. Aus. Fertig.
Genau dort befinden sich auch meine Freundinnen, manchmal mehr, manchmal weniger, doch immer sehnsüchtiger. Und ich unterstütze sie dabei, weil es nämlich für eine Voll50-Frau von unschätzbarem Wert ist, eine Zeitlang mit sich selbst zu verbringen. Herauszufinden, welche Art von Klarheit sie schätzt und braucht. Genau zu definieren, was ihr wichtig ist und ob sie vielleicht Ideale der Vergangenheit loslassen kann, weil sie ihr gar nicht mehr dienen. Und natürlich auch, ob sie Verletzungen aus eben dieser Vergangenheit genauso freisetzen kann. Das geht allerdings nicht innerhalb einer Beziehung, da braucht frau Zeit mit sich alleine.
Leider ist es in unserer Gesellschaft vielfach immer noch so, dass Alleinstehende leicht mitleidsvoll angeschaut werden. Weil es scheinbar immer noch dem Ideal entspricht, in einer Partnerschaft zu sein. Doch gerade im Voll50-Alter, wo der Vermehrungscharakter an Unwichtigkeit zunimmt, sind es Beziehungen jeglicher Art, die uns befeuern, befruchten, bereichern und beglücken können. Die Fixierung auf die Beziehung zu einem Mann halte ich für Single-Frauen in unserem Alter für zu limitierend. Es gibt jeden Tag die Möglichkeit, Verbundenheit zu leben – auch langfristig. Das weitet den Horizont, in dem Raum hat so viel mehr Glück und Klarheit Platz als der Fokus darauf, den „Richtigen“ zu finden. Und entlastet auch potenzielle Partner. Denn wenn sie nicht mehr dafür verantwortlich sind, uns glücklich machen zu müssen, weil wir es bereits sind, tun sie es umso lieber. Mein Partner kennt einen Satz besonders gut: „Mache mich nie unglücklicher als ich es ohne Dich wäre.“ Und er macht seine Sache sehr gut.
Die gesprochene Version dieses Textes finden Sie auf www.voll50.com/category/podcast
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