FREITAG: Auferstehung – eine Vision

Momentan ist das Leben wieder so dicht, dass viele Impressionen eine Geschichte wert wären, und doch fällt die Entscheidung schwer, eine herauszugreifen. Deshalb dieses Mal etwas ganz anderes.

Wenn wir in diesen Tagen von Auferstehung sprechen, fällt es vielen schwer, sich diese vorzustellen. Und auch ich kann kaum abschätzen, wie mein Leben in einem Monat aussehen wird. Und trotzdem nehme ich den Impuls vom Vater meiner Kinder auf, doch darüber zu schreiben, wie ich mir Ostern 2027 vorstelle. Visualisierungen haben ja ihren ganz eigenen Zauber.

Ich decke den Tisch im Wohnzimmer und höre dabei das Rauschen der Wellen vor meiner Terrasse. Meine Füße haben sie schon berührt, und auch die Muscheln für die Ostertisch-Dekoration liegen bereits an Ort und Stelle. Ich war in guter Gesellschaft, denn der Bub meiner Tochter hat mir beim Sammeln geholfen. Das mit dem Tischdecken war ihm zu langweilig, auch weil er doch gerne schon seine Osternesterln suchen wollte. Doch dafür muss die ganze Familie erst wach sein. Damit ist er auch gerade beschäftigt. Ich höre seine Stimme, während ich das Wasser für die Eier auf den Herd stelle und lächle, weil ich genau weiß, wie sich das anfühlt, wenn man schlafen will und dem Charme eines Kindes trotzdem nicht widerstehen kann.

Es ist ein großer Tisch, an dem alle Menschen sitzen, die mir am Herzen liegen. Und auf dem alles liegt, was ich gerne mag. Die Wohnzimmertüren nach draußen sind geöffnet, zwischen das Stimmengewirr schiebt sich Möwengeschrei und eine salzige Brise. Der Älteste sitzt auf der Terrasse und meditiert, der Jüngste steht an der Kaffeemaschine und servisiert die anderen. Ich lehne mich zurück, schaue auf die Dünen und sehe, wie der Wind feine Sandschichten nach Südosten trägt.

Ich empfinde eine warme Ruhe in mir an diesem Ort, der alles hat, was ich brauche. Und selbst wenn alle wieder ihrer Wege gehen nach diesem Auferstehungsfest, weiß ich, dass dieser Ort derjenige ist, den ich mir immer gewünscht habe. Dass ich deshalb Glück habe. Und glücklich bin, weil es das Leben gut mit mir gemeint hat. Auch wenn ich Täler zu durchschreiten hatte, Herausforderungen vor meine Füße geworfen wurden und mir auch Verlust nicht erspart geblieben ist – heute ist alles gut. Weil es immer auch gut ist, wenn es schlecht ist. Und wenn es nur das Bewusstsein ist, dass eine Situation für nichts anderes gut ist, als daraus zu lernen.

Vieles habe ich dem Wind zu verdanken, der mir am Strand das Gehirn frei bläst. Der mir die trüben Gedanken nimmt und mir Lösungen gibt. Überall in den Dünen gibt es einen Pfad, den man nehmen kann, wenn es am Ufer zu rau wird. Die Entscheidung, welcher es denn sein wird, fällt intuitiv, und er führt mich immer zu der Erkenntnis, die ich gerade brauche. Am Abend, wenn die Sonne sich unter den Horizont schiebt, schreibe ich sie auf, in Rot, Blau oder Grün. Denn eines weiß ich auch 2027: Es liegt an mir, dass mein Leben bunt bleibt.

Am Abend treffen wir uns vor dem Kamin wieder, mein Tochter lebendig und kreativ wie eh und je, obwohl der Kleine sie den ganzen Tag durch Garten und Gestade gejagt hat. Sie trotzdem in sich ruhen zu sehen, ist ein Geschenk. Einige versenken ihre Blicke im Feuer, andere bilden Plaudergrüppchen, es wird gelacht und gedacht. Ich schaukle mit dem Geräusch der Brandung, im Innen wie im Außen. Das Pfeifen des Windes im Dachstuhl wird meine Einschlafmusik sein.


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