FREITAG: Im Schweiße des Glücks

Ich bin ja im Grunde der Meinung, dass Männer gar nicht so kompliziert sind, wie wir Frauen immer denken. Doch das Bedeutsame zwischen den Zeilen zu lesen, kann manchmal hilfreich sein.

Es ist ja kein Geheimnis, dass die Wechseljahre einen tieferen Sinn haben im Leben einer Frau. Da wird vieles auf die Probe gestellt, hinterfragt, angezweifelt – vor allem tief drin in der Frau. Die alles überspannende Frage ist: Dient mir das noch oder kann das weg? Doch um eine Antwort zu finden, ist eine Wechseljahre-Frau meist zu beschäftigt: mit dem Job, mit dem Mann, mit den Kindern, mit dem Freundeskreis, mit der ehrenamtlichen Arbeit, mit den Eltern und, und, und. Da reiht sie sich meist an die letzte Stelle einer schier endlosen Liste. Und schwitzt. Und schläft schlecht. Und ist noch schlechter gelaunt.

Am Beginn meiner wechselhaften Jahre ging es mir genauso. Und ich sage ganz offen: Ich hasste diesen Zustand. Vor allem deshalb, weil ich mich selbst nicht mehr wiedererkannt habe. Dass genau diese Jahre dafür gedacht sind, sich selbst zu erkennen, war mir damals nicht bewusst. Doch als ich das dann in mein Denken integriert hatte, ging das mit dem Erkennen und Verändern doch recht zügig. Mein damaliger Partner war not amused.

Ich spreche immer wieder mit Männern, deren Frauen sich in den Wechseljahren befinden. Und dabei begleitet sie meist ein Schulterzucken, weil sie absolut nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Lösungsorientiert wie sie sind, wollen sie unterstützen und machen die Situation meist noch schlimmer. Weil der Zustand der Frau eben superkomplex ist und sie meist gar nicht weiß, was sie will oder braucht. Und es doch wissen möchte, allerdings keine Zeit dazu hat, sich das zu überlegen. Auch weil sie viel zu erschöpft ist, um darüber nachzudenken. Die Erschöpfung resultiert meiner Erfahrung nach daraus, dass sie die notwendige Veränderung spürt und sie möchte, allerdings nicht weiß, wie sie das innerhalb ihrer vielen verschiedenen Rollen umsetzen kann. Und da sinkt die Laune ganz schnell ganz tief in den Keller, weil das Leben ja trotzdem weitergeht. Und in jeder Situation, wo man die Frau gegen den unentschiedenen Strich bürstet, fährt sie die Krallen aus. Weil sie keine Kapazitäten für eine andere Reaktion hat.

Kürzlich habe ich mit einem Freund geredet, der ein Leben zwischen pubertierender Tochter und menopausierender Ehefrau führt. Wenn man ihn fragt, wie es ihm geht, sagt er genau das und das reicht für ihn, weil es für ihn alles sagt. Und weil ich inzwischen Männern mit viel Wohlwollen begegne, weiß ich, dass er sich nicht nur beklagt, dass beide Frauen so aus der Balance sind. Sondern er bedauert, dass er vor allem seine Frau nicht mehr glücklich sieht. Weil er das Lächeln vermisst, das ihr zwischen Schlafmangel und Schwitzen einfach abhanden gekommen ist.

Ich kann es nicht oft genug betonen: Männer sind auch nur Menschen, die manchmal eine Pause brauchen von den Pflichten, die sie sich selbst und die Gesellschaft und die Tradition und die Erziehung und und und ihnen auferlegt haben. Und diese Pause machen sie gerne mit einer glücklichen Frau. Am allerliebsten mit jener Frau, bei der sie das Gefühl haben, dass sie zu ihrem Glück beigetragen haben.

Jetzt könnten wir Frauen ja locker sagen, dass Männer sich eben anstrengen müssen, um uns glücklich zu machen, dann klappt’s auch mit dem Lächeln. Ich persönlich habe mich von dieser Art Abhängigkeit verabschiedet. Ich bin für mein Glück selbst verantwortlich, weil ich es als meine Verantwortung ansehe, jeden Tag zum schönsten meines Lebens zu machen. Der Mann in meinem Leben kann das unterstützen, wegnehmen kann er es nur, wenn er einen kapitalen Bock schießt. Was er nicht tun wird, weil er Waffen hasst. Hingegen liebt er es, wenn ich glücklich bin, auch ohne sein Zutun. Weil ihn das der Verantwortung enthebt, für ein Wesen Verantwortung zu übernehmen, das er nicht hundertprozentig durchschaut. Und seien wir uns ehrlich: Kein Mann kann das leisten. Dafür sind wir Frauen einfach zu komplex, auch außerhalb der Wechseljahre. Und genau deshalb dürfen wir das Glück nicht delegieren, sondern danach suchen. Und es dann mit dem Geliebten teilen. Dann hört auch das Schulterzucken auf. Und das Schwitzen sowieso.

Die gesprochene Version dieses Textes finden Sie auf www.voll50.com/category/podcast


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